Es gibt zwar die wissenschaftliche Disziplin einer Psychologie der Demenz, aber kaum jemanden, der Demenz auch als soziales Geschehen – und damit als ein soziologisch interessantes Phänomen – betrachtet.
Das hängt vor allem mit dem Umstand zusammen, dass „Erzählen“ und „Erinnern“ aus neurologischer und kognitionspsychologischer Warte hauptsächlich „im Kopf“ stattfindet. Und, in diesem besonderen Fall, eben in den Köpfen von Patienten, ihren Angehörigen und ihren Betreuungspersonen.
Diese Betrachtungsweise hat viel für sich – sie vernachlässigt aber das, was zwischen Menschen und zwischen von Menschen gemachten Wahrnehmungen abläuft an Verstehen (und: Missverstehen), aber auch an Erinnern (und: Vergessen).
Deswegen der Appell, eine Soziologie der Demenz ins Leben zu rufen, die sich mit Erzählung als Kommunikation und mit Erinnerungsprozessen als einer konstruktivistischen Leistung auseinandersetzt. Und mit dem Vergessen als einem notwendigen Prozess, der überhaupt erst neue und andere Betrachtungsweisen ermöglicht.
Denn Demenz ist nicht eigentlich eine Krankheit. Sie ist eher als ein soziales Phänomen aufzufassen, welches das gesellschaftliche und gemeinschaftliche Zusammenleben in vielen Dingen komplizierter macht. Sie fordert uns in allen unseren familiären und sozialen Rollen. Sie betrifft uns alle.